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Häufige Ursachen des Scheiterns

Aus INOVe

Aus Fehlern lernt man, aber alle Fehler eurer Vorgänger*innen solltet ihr nicht wiederholen.

Einige häufige Ursachen des Scheiterns sind Schuld daran, dass viele Vernetzungsvorhaben wieder einschlafen - selbst wenn viele Akteur*innen theoretisch den Sinn darin sehen. Schließlich ist es auch kein triviales Unterfangen, den Austausch zwischen teils der sehr heterogenen Initiativen zu fördern und einen sichtbaren Mehrwert zu schaffen, der den Mehraufwand rechtfertigt. Folgende Herausforderungen zu kennen und im Hinterkopf zu behalten, soll euch dabei helfen, diesen vorzubeugen - vielleicht bringen euch ja auch die vorgestellten Good Practices weiter.

Der kritische Faktor

Fast alle Ursachen des Scheiterns hängen damit zusammen bzw. führen dazu, dass Menschen fehlen, die sich um die Erhaltung und Weiterentwicklung der Vernetzungsstruktur kümmern (besonders, wenn alles auf ehrenamtlicher Arbeit basiert). Diese Gemeinsamkeit zwischen den Ursachen des Scheiterns ist nicht verwunderlich, da Zeit und Energie motivierter Menschen auch die Grundvoraussetzungen für den erfolgreichen Aufbau einer Vernetzungsstruktur sind. Teilweise hängt das meiste am Engagement einer einzelnen Person.

Dass es kaum mehr braucht als begeisterte Vernetzer*innen (in der Regel als Initiativ-/Kerngruppe organisiert), ist Stärke und Schwäche zugleich. Wenn diese wegbrechen, steht der Fortbestand der Vernetzung auf dem Spiel. Bei den hier vorgestellten Ursachen des Scheiterns geht es also vordergründig darum, wie es dazu kommen kann, dass sich nicht (mehr) genug Menschen kümmern. Wie auch sonst im Leben ist Vorbeugung hier effektiver als späte Schadensbegrenzung.

Allgemeine Ursachen

Fluktuation

Verschiedenste Gründe können dazu führen, dass Menschen, die Verantwortung in der Vernetzungsstruktur tragen und diese möglicherweiser (mit-)aufgebaut haben, aus der aktiven Mitarbeit ausscheiden. Unerwartete Ereignisse im Leben der Person, ein Umzug in eine andere Stadt, Überlastung oder nachlassende Begeisterung für die Vernetzung scheinen die häufigsten Ursachen zu sein. Bei einigen Menschen ist absehbar, dass sie nach einiger Zeit ausscheiden (z. B. Student*innen), während auf eingesessene locals in dieser Hinsicht mehr Verlass ist.

Fluktuation ist ganz natürlich und kann dazu führen, dass ihr euch weiterentwickelt. Zur Gefahr wird das Ausscheiden von Mitgliedern vor allem dann, wenn:

  • Wichtiges Wissen die Gruppe verlässt, oder
  • Nicht genug neue Menschen nachrücken und Aufgaben übernehmen.

Aus dem ersten Punkt leitet sich bewusstes Wissensmanagement als wichtige Good Practice ab; auf den zweiten Punkt wird im folgenden Abschnitt genauer eingegangen.

Abgeschlossene Kerngruppe

Als vernetzend Aktive seid ihr möglicherweise ein enger Kreis und auch privat miteinander befreundet. Vielleicht ward ihr als Initiativgruppe schon gute Bekannte oder ihr seid mit der Zeit zusammengeschweißt. Prinzipiell ist dies schön, da die Arbeit an der Vernetzungsstruktur mehr Spaß macht. Enge Bindungen zwischen den Mitgliedern der Kerngruppe können aber auch von Nachteil sein, wenn dadurch keine neuen Mitglieder Zugang finden. Selbst wenn ihr das gar nicht wollt, kann der Eindruck entstehen, dass ihr eine exklusive Gruppe seid und ihr nicht unbedingt neue Mitwirkende aufnehmen wollt. Solange ihr als Kerngruppe stabil seid und weitermacht, mag das keine schlimmen Folgen haben. Sobald aber Menschen aus der Kerngruppe ausscheiden und niemand Neues nachrückt, ist der Schaden unter Umständen groß.

Good Practice: Gegen diese Gefahr des Scheiterns hilft eine gelebte Kultur der Offenheit. Denkt von Anfang an daran, wer die Verantwortung übernimmt, sobald ihr oder eure aktiven Kolleg*innen nicht mehr weitermachen. Neue Mitglieder zu gewinnen ist an sich eine eigene Herausforderung - sie langfristig zu motivieren und in die Arbeitsprozesse zu integrieren, damit sie dabei bleiben, ebenfalls. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass ihr klar signalisiert, dass ihr offen für neue Mitstreiter*innen seid. Integriert solche Botschaften in eure Kommunikation sowohl mit den weiteren Initiativen, die ihr vernetzt, als auch in eurer Öffentlichkeitsarbeit.

Fehlende Finanzierung

Leider liegt das Geld oftmals nicht auf der Straße. Was hilft, ist bereits Vorhandenes zu nutzen: die Ressourcen der Initiativen und bewährte Software.

Der Aufwand, eure Vernetzungsstruktur zu stemmen, kann so groß sein, dass ehrenamtliche Arbeit allein nicht ausreicht. Als Initiator*innen führt ihr diese Arbeit möglicherweise auch von Beginn an im Rahmen einer bezahlten Tätigkeit aus (wie z. B. bei Wendland im Wandel oder SNINI). Während für die Vernetzungsarbeit in der Regel kaum Sachmittel benötigt werden, sind der zeitliche Aufwand und damit die Personalkosten umso höher. Gleichzeitig ist es für viele Vernetzungsinitiativen nicht leicht, Fördergelder bewilligt zu bekommen. Ausschreibungen sind meist auf konkrete Projekte und hier auf Sachmittelausgaben ausgerichtet, nicht auf Personalkosten für die Pflege einer Vernetzungsstruktur (so ungemein wichtig dies auch sein mag). Mangelnde Finanzierung stellt daher oft - wie auch generell im Ehrenamt - eine ernste Herausforderung dar.

Good Practices lassen sich hier nur schwer identifizieren; auch wenn es einigen Vernetzungsinitiativen gut gelingt, Gelder einzuwerben (z. B. von der Stadt oder der Uni), sind die jeweiligen Kontexte zu verschieden, als dass sich allgemeingültige Lösungen beschreiben ließen. So selbstverständlich das auch klingen mag, scheint der beste Tipp eine Kosten sparende Herangehensweise zu sein. Anstatt selbst Materialien zu beschaffen oder einen Raum anzumieten, könnt ihr die Ressourcen der Initiativen nutzen (und am besten gleich ein Ressourcen teilendes Netzwerk etablieren). Vor allem mit Hinblick auf digitale Tools könnt ihr viel Zeit und Geld sparen, indem ihr nicht versucht, eigene Lösungen zu entwickeln und damit das Rad neu zu erfinden. Viel sinnvoller ist es, auf bewährte (Open Source) Software zurückzugreifen und diese ggf. für eure Anforderungen zu konfigurieren.

Durch Aufgaben-Verteilung auf viele Schultern (und eine Prise Selbstausbeutung) schaffen es einige Vernetzungsinitiativen (z. B. Lebendiges Lüneburg, fairEInt oder die Landshuter Machbarn) auch, ohne oder mit sehr wenig Geld zu arbeiten - und trotzdem tolle Arbeit zu leisten.

Ursachen im Netzwerk

Im Abschnitt Allgemeine Ursachen ging es vor allem um Punkte, die die Initiativ- bzw. Kerngruppe betreffen. Offensichtlich hängt der Erfolg der Vernetzungsstruktur aber nicht allein von dieser ab, sondern mindestens genauso von den beteiligten Initiativen.

Unklares Ziel

Gemeinsame Ziele können ungeheure Kraft entfalten ("Wir haben es satt!"-Demo in Berlin)

"Wieso sollen wir uns überhaupt mit anderen Initiativen vernetzen, die sich zum Teil mit ganz anderen Themen beschäftigen? Und welcher Mehraufwand springt dabei für uns raus?" - Wenn den Initiativenvertreter*innen das Ziel eures Vorhabens nicht klar ist, hat die Vernetzungsstruktur kaum Chancen auf Erfolg. Geht nicht davon aus, dass alle die Herleitung eurer Idee auf Anhieb nachvollziehen können und sie sofort die entsprechende Überzeugung teilen, dass es für einen sozial-ökologischen Wandel auch darauf ankommt, die Initiativen der Nachhaltigkeitsbewegung vor Ort zu vernetzen.

Vielmehr zählt es, dass ihr eure Idee direkt am Anfang überzeugend kommuniziert. Danach ist es wichtig, dass ihr bei den ersten Vernetzungstreffen genug Zeit für den Austausch über die Ziele der Vernetzung gebt. Je konkreter die Ideen sind, welche Synergieeffekte man erreichen und wo man gemeinsam anpacken will, desto klarer ist allen das Ziel und entsprechend größer die Motivation der Beteiligten. Damit ihr diese Grundsatzfragen nicht immer wieder klären müsst, ist es sinnvoll, die Ergebnisse aus den Diskussionen festzuhalten (z. B. in einem Selbstverständnis). Falls es mal kriseln sollte, könnt ihr euch wieder auf eure gemeinsamen Ziele besinnen und neue Kraft schöpfen.

Überlastung der Initiativenvertreter*innen

Um den Mehraufwand für die ohnehin schon ausgelasteten Beteiligten gering zu halten, solltet ihr Punkte, die nicht bei den Vernetzungstreffen mit allen besprochen werden müssen, in die Kerngruppe auslagern.

Vernetzung ist Mehraufwand. Besonders die Findungsphase, in der die Prozesse und Rollen ausgehandelt werden, kann zeitintensiv sein, aber auch dauerhaft nimmt Vernetzung Ressourcen in Anspruch. Und selbst wenn die Initiativ-/Kerngruppe sich um das meiste kümmert, müssen alle beteiligten Initiativen und deren Vertreter*innen Zeit investieren. Dies geschieht parallel zum regulären Engagement der Aktiven und häufig auch zu einer (Vollzeit-)Beschäftigung. Die Vernetzung kann also zur Überlastung derer führen, die ihr vernetzen wollt (natürlich nicht alleine, aber als ein Grund). Falls die Menschen euch das nicht explizit mitteilen (Stichwort Feedback-Kultur), könnt ihr das daran erkennen, dass die Beteiligung nachlässt (auch hierfür kann es mehrere Gründe geben, aber Überlastung ist ein Zentraler). Wenn dadurch die gemeinsame Wirkmacht und damit der Mehrwert der Vernetzung nachlassen, kann dies wiederum zu weniger Beteiligung führen, bis das Vernetzungsvorhaben irgendwann eingeschlafen ist.

Eine zentrale Überlegung, die daraus für das Konzept der Vernetzungsstruktur folgt, ist, dass der Mehraufwand für die Initiativen möglichst gering sein sollte. Viel Zeit in Anspruch nehmen organisatorische und administrative Fragen (die W-Fragen), die geklärt werden müssen, bevor die eigentliche Vernetzung losgehen kann. Dies gilt besonders, wenn die Diskussionen zu diesen Punkten nicht vorbereitet wurden, sondern in Gänze mit allen Initiativenvertreter*innen geführt werden. Die Zeit, in der alle zusammen in einem (Videokonferenz-)Raum sind, ist sehr kostbar. Alles, was ausgelagert werden kann, sollte ausgelagert werden - in aufgabenspezifische Arbeitsgruppen oder in die Initiativ- bzw. Kerngruppe. Dank eigener Arbeitsweise und regelmäßiger Treffen ist vor allem Letztere in der Lage, sich um alles Organisatorische zu kümmern, Diskussionen vorzubereiten und Vorschläge auszuarbeiten. Somit bleibt bei den Vernetzungstreffen ein Maximum an Zeit für inhaltichen Austausch - der Mehraufwand sinkt und der Mehrwert steigt.

Verantwortungsdiffusion

{{#ev:youtube|https://youtu.be/eaOy_JbNSb4%7C350%7Cright%7CVerantwortungsdiffussion ist besonders in Notfallsituationen gefährlich. Das Phänomen ist aber auch zu beobachten, wenn Aufgaben zu verteilen sind.}} Alle wollen Vernetzung, aber niemand will sich darum kümmern. Etwas zugespitzt beschreibt dieser Satz ein klassisches Problem: Je mehr Menschen bei der Vernetzungsstruktur dabei sind, desto schwerer ist es, eine Person zu finden, die sich freiwillig für eine Aufgabe meldet. Aus der Innensicht sieht das so aus: "Ich möchte von der Vernetzung profitieren, aber bin selbst an der Grenze meiner Kapazitäten. Zum Glück gibt es ja genug andere, die sich kümmern kümmern können." Da hohe Auslastung der Beteiligten jedoch nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist, kann es passieren, dass alle so denken und entsprechend niemand die Verantwortung übernimmt. Verantwortungsdiffussion wird das Phänomen daher genannt.

Wie schon bei der Überlastung ist auch hier der zentrale Ansatz, eine Initiativgruppe (später Kerngruppe) zu haben, die hauptsächlich die Verantwortung übernimmt und somit verhindert, dass wichtige Aufgaben unerledigt bleiben. Hierdurch entsteht automatisch eine Hierarchie zwischen Kerngruppe und Initiativenvertreter*innen. Daher ist wichtig zu beachten, dass das Machtgefälle nicht zu groß wird und dass alle, die möchten, gleichberechtigt in wichtige Prozesse einbezogen werden.


Heterogenität als Konfliktpotential

  • Verschiedene Denkweisen, Schwerpunkte und Ziele
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